Victoria in Australien – The place to be
Oder: Auf der Zielgeraden von Melbourne zum Grampians Nationalpark
Melbourne gilt in verschiedenen Medien immer wieder als eine der lebenswertesten Städte der Welt – die muss ich mir natürlich mal anschauen. Aber nicht nur Melbourne, sondern ganz Victoria, einer der sechs Staaten Australiens, rühmt sich zumindest laut Autokennzeichen als „The place to be.“ Dabei gehören Melbourne und die Great Ocean Road zusammen wie Bayern und Lederhosen – man muss sie sich einfach beide anschauen. Und wenn man schon dort ist, auch gleich den Grampians Nationalpark im Norden.
Wo Hipster als Norm gilt
Das Schönste ist, in einer neuen Stadt anzukommen und sich einfach treiben zu lassen. Zunächst einmal, ohne viel über die Stadt zu wissen, über ihre Lebensqualität, Löhne, Geschichte, um sie mit der Naivität eines Kindes zu betrachten. Ich verbringe meinen allerersten Tag auf dem australischen Kontinent in Melbourne – und fühle mich erst in Australien angekommen, als es mich zum Queen Victoria Markt verschlägt. Hinter einer Menge Krimskrams-Ständen kaufen die Leute Lebensmittel ein, darunter viel Fleisch: Känguru. Emu. Krokodilfleisch. Ja, ich bin wirklich in Australien.
In den Straßen des modernen Zentrums könnte ich mich genauso gut in einer amerikanischen Großstadt befinden. Viele Leute in Anzügen oder Kostümen eilen an mir vorbei, manche haben einen Coffee-to-go in der Hand. Straßenbahnen rattern vorbei, Autos überholen Busse. Mitten auf einem Bürgersteig sitzt ein junger Mann hinter einem Klapptisch. „Wähl dein Thema, wähl einen Preis und du bekommst ein Gedicht“, steht auf einem Pappschild. Endlich etwas Erfrischendes. Melbourne muss schließlich aus irgendeinem Grund als „Hipster“ bezeichnet werden. Und: Statt Ampelmännchen stehen Ampelfrauchen auf Rot oder Grün.
„In Melbourne ist es nichts Besonderes, Hipster zu sein, das ist hier die Norm“, erzählt mir wenig später Leonie, eine gebürtige Niederländerin, die seit Anfang 2017 in Melbourne lebt und sich als Stadtführerin für Urban Adventures ihren Lebensunterhalt verdient. Meine kindliche Naivität verpufft, während mir Leonie immer mehr über die Stadt erzählt, die ihr Gesicht zum Strahlen bringt. Ich mag sie, diese Stadttouren zu Fuß, meist mit einem Einheimischen oder aber jemandem wie Leonie, der eine Stadt zur neuen Heimat erklärt und sich so hineingekniet hat, dass kein Geheimnis der City vor ihm verborgen bleibt.
Wir stehen oben auf dem Eureka Skydeck im 88. Stock, der mit 285 Metern höchsten Aussichtsplattform der südlichen Hemisphäre, zu der uns der ebenfalls schnellste Aufzug der südlichen Hemisphäre gebracht hat. Doch dieser Ort der Superlative ist nicht bloß ein weiterer Wolkenkratzer in einer weiteren Stadt – sein Name ist ein stolzer Hinweis auf die sogenannte Eureka Stockade, eine Rebellion während des Victorianischen Goldrausches im Jahre 1854. Dabei gingen Goldgräber gegen die königliche Autorität Großbritanniens auf die Barrikaden. „Wenn du genau hinschaust, siehst du im Sonnenlicht oben am Gebäude eine goldene Krone, die den Goldrausch symbolisiert“, erklärt Leonie. Ein roter Streifen weise dagegen auf das während der Rebellion vergossene Blut hin. Außerdem sei es in den 1850ers erstmals Arbeitern in Melbourne gelungen, den Acht-Stunden-Arbeitstag durchzusetzen.
Flat white, alles Essen der Welt und Street Art
So geschichtlich bedeutend Melbourne auch sein mag – künstlerisch hat es nach meinem ersten Eindruck noch mehr drauf. Beim Spaziergang durch viele der Straßen und Gassen komme ich mir vor wie in einer endlosen, kostenlosen Open-Air-Galerie. Street Art, wohin das Auge blickt. „Eigentlich ist Street Art offiziell immer noch illegal“, weiß Leonie, „aber seitdem Bansky einige Wände bemalte, gewann die Kunst an Ansehen.“ Insgeheim danke ich Bansky, einem der bekanntesten Graffiti-Künstler der Welt.
Jede Street Art Tour beginnt in der berühmten Hosier Lane, einer winzigen Gasse, in der sich die Touristen mit ihren Fotoapparaten und Handys drängen. Dabei wechselten die Bilder ständig, so Leonie. Die Kunst des einen wird von dem Kreativitätsausbruch des nächsten übermalt, Veränderung ist das Schlüsselwort der Straßenkunst. Gerade deshalb gefällt sie mir. Sie ist wechselhaft und launisch. Auch Mülltonnen werden von dem Farbenwüten nicht ausgespart. Was einst düstere, stinkende Gassen gewesen sein müssen, explodiert nun vor Lebensfreude und Ausdrucksstärke.
Und mittendrin in der kunterbunten Kunst trinke ich ihn – meinen ersten Flat white. Eine der beliebtesten Melbourner – und australischen – Kaffeevarianten, die mir Leonie in einem Coffee shop in der Hosier Lane besorgt. Sie selbst hat einen Nachfüllbecher dabei, womit man 20 Cent weniger pro Kaffee zahlt. „Wegwerfbecher existieren für mich nicht mehr!“ Im Grunde ist der Flat White wenig anders als ein Cappuccino, nur noch milchiger. Angeblich streiten sich Melbourne und Auckland in Neuseeland darüber, wo er denn nun erfunden wurde.
Am besten gefällt mir die etwas verborgen liegende AC/DC Lane. Eins der Highlights der Straßenkunst dort: eine 3D-Skulptur des ehemaligen Leadsängers von Acadaca, Bon Scott, die durch die Hauswand der Cherry Bar bricht. Noch Stunden später lasse ich mich durch die Stadt treiben, stoße auf Gässchen, die wohl gerade erst von den Künstlern entdeckt werden, direkt neben eleganten Arkaden und Boutique-Galerien, die an Mailand erinnern. Etwas verrückt scheint es schon, dieses Melbourne. Eine Stadt, in der laut Leonie etwa 230 verschiedene Sprachen und Dialekte gesprochen werden und wo man praktisch jedes Essen der Welt findet.
Ich probiere es mal mit Dumplings in Leonies Lieblingsrestaurant Shanghai Pan-fried Bun in Chinatown, die seit den 1850ern durchgehend in Melbourne existiert. Die Dumplings schmecken so, als könnte man sie selbst in China nicht besser machen. Während man Dumplings fast an jeder Ecke in Chinatown findet, gibt es jedoch etwas, das Melbourne fast für sich behält und das von Touristen ohne einheimischen Guide kaum gefunden wird: Bars, die sich in einer unscheinbaren Hintergasse hinter einer stinknormalen Haustür verstecken. Die Eau-de-Vie Speakeasy Bar trägt so eine winzig kleine Aufschrift über der Tür, dass ich sie ohne Leonies Hinweis nie gefunden hätte.
Ebenso verhält es sich mit zahlreichen Rooftop Bars, zu deren hinter mehreren Winkeln versteckten Aufzügen man sich erst durchfragen muss. Wie die Goldielocks Bar. Das bestimmte Gefühl, dass ich gern länger in Melbourne verbringen würde, überkommt mich. Die City hat etwas Vertrautes, das mich so anspricht wie ein freundliches, vertrautes Gesicht. Und das Beste: Alle Straßenbahnen rund ums Zentrum sind zwar recht überfüllt, aber auch für jedermann gratis!
Pinguine in der City
Wie in jeder Stadt, die am Meer liegt, zieht es mich als Nächstes dorthin. Melbourne hat keine aufregende Küste mit weltberühmten Stränden wie Bondi in Sydney, aber manchmal ist mir gerade das Unaufregende auf Reisen zwischendurch willkommen. Vor mehreren Wochen, in denen ein Highlight das nächste jagen soll, tut es gut, einfach mal einen recht normalen Strand vor einem recht normalen Meer zu sehen. Nur am Brighton Beach reihen sich schmucke Strandpavillons aneinander, bemalt mit den verschiedensten Motiven und voller Sprüche, vor denen sich bald die einheimischen Besitzer in der Sonne aalen.
Von dort ist es nicht weit zurück nach Melbourne, zum Stadtteil St. Kilda, hübsch am Meer gelegen mit unverbautem Blick auf die Skyline der City und voller alter, gemütlicher Häuser. Einst sollen dort die Reichen gelebt haben, heute ist das Viertel eher Bohemian.
Das Restaurant Lentil as anything bietet Essen ohne Grenzen an – jeder zahlt das, was er kann und was ihm das Essen wert ist. Wem es möglich ist, der gibt 20 AUD für ein gesundes Dreigängemenü aus, dafür bekommen Obdachlose ihr Mahl gratis. Durch die Fußgängerzone, in der sich Cafés mit jeder Menge köstlicher Dickmacher in den Auslagen aneinanderreihen, gelange ich pünktlich zum Sonnenuntergang zur Uferpromenade. Dort pilgern Touristen und Einheimische zugleich zum Pier, und das aus gutem Grund: Am Ende des Stegs zeigen sich nach Sonnenuntergang Unmengen an Zwergpinguinen, die durcheinander schnattern wie ein Haufen wildgewordener Hennen. Und das mit der beleuchteten Skyline von Melbourne im Hintergrund.
Eine der spektakulärsten Straßen der Welt
Je mehr ich reise, desto mehr spüre ich es – das, was alle als das Spektakulärste und ach so Sehenswerte bezeichnen, haut mich nicht mehr so richtig aus den Socken. Des Zeitmangels und auch der hohen Automietpreise wegen lasse ich mich dennoch zu einer dreitägigen Great Ocean Road Gruppentour von Peter Pans hinreißen. Ich kann doch nicht in Melbourne sein und nicht die Great Ocean Road abfahren! Dabei vergesse ich glatt, dass ich Gruppentouren nicht wirklich mag. Und schon gar keine, wo 24 Personen wie Sardinen in einem Minibus mit nicht zu öffnenden Fenstern hocken. Der Guide hat zwar die Geschichte der Great Ocean Road drauf wie ein Trapezkünstler einen Salto, aber ansonsten macht er keinen Hehl daraus, dass er ähnlich über die Gruppe denkt wie ich und das Ganze vom ersten Moment an ziemlich doof findet.
Die erste Stunde in der Sardinenbüchse ärgere ich mich, dabei zu sein. Frage mich, ob eine solche Tour jemals Einblicke statt nur Ausblicke vermitteln kann, die mir langsam nicht mehr reichen. Früher fand auch ich es toll, an jedem Fotostopp meine Kamera zu zücken, ein paar Mal auf den Auslöser zu drücken und den supertollen Ort dann für immer abzuhaken. Heute nicht mehr. Die 243 Kilometer lange Küstenstraße zwischen Torquay, unweit von Melbourne, und Warrnambool ist spektakulär, keine Frage. Und sie ist ein Meisterwerk, ab 1919 gebaut von 3000 aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrten Soldaten. Einerseits, weil die Staatsregierungen den jungen Männern so Arbeit verschaffte, andererseits, weil sie den gefallenen Kameraden damit ein Denkmal setzten.
Die Weitblicke über lange Sandstrände und gewaltige Felsklippen erinnern mich an Südafrika, an Irland. Déjà vu. Eine Nebenwirkung des Vielreisens. Aber ich will nicht undankbar sein, werde ich doch gerade über eine DER Straßen der Welt kutschiert. Über die sich immer wieder Dunstschleier von Bränden im Dickicht legen, laut Jiri, unserem Guide, glücklicherweise kontrolliert gelegt. Bald wirkt der Himmel über der Great Ocean Road wie der im November über Hamburg.
Meine Aufmerksamkeit wendet sich den Mitreisenden zu. Die perfekte Besetzung für einen Krimi à la „Mord im Orientexpress“. Ich verstehe mich auf Anhieb mit drei lustigen Schweizerinnen, die sich auch noch nie zuvor gesehen haben. Drei Chinesinnen tun dagegen so, als sprächen sie kein Englisch, eine davon verschwindet bei der ersten Pipipause. Ein Brite mit Wurzeln in Hong Kong spielt den charmanten Alleinunterhalter, ganz anders als ein zurückhaltender, winziger Chilene mittleren Alters, der in einem Anflug von „Fuck it all“ seinen Job gekündigt hat und auf Weltreise gegangen ist. Und die Engländerin mit der Dauergutelaune, die hat doch bestimmt was zu verbergen. Schon finde ich die Mitreisenden gar nicht mehr so schlimm.
Die Great Ocean Road und Alltagshäppchen der Einheimischen, die dort draußen joggen, mit dem Hund Gassi gehen, verliebt flanieren oder hinter Autos vorm Strand picknicken, sehe ich überwiegend durchs schummrige Busfenster. Doch das Highlight kommt ja auch noch: die berühmten 12 Apostel, bis an die 60 Meter hohe Kalksteinfelsen, die aus dem Meer ragen, als hätten sie nichts Besseres zu tun. Einige davon werden langsam vom Meer gefressen, 12 an der Zahl sind es schon lange nicht mehr. Im Grunde genommen nur noch acht. Beeindruckend sind sie schon, diese Felsen, vor allem die leicht fussige Farbe, die sich vom Blau des Ozeans absetzt. Ich wünsche den toughen noch stehenden Brocken, dass sie den wütenden Wellen des Pazifiks noch lange standhalten mögen.
Die sogenannte London Bridge einige Kilometer weiter, eine felsige Seebrücke, ist dagegen bereits 1990 auseinandergebrochen. Gerade, als ein Pärchen auf der äußersten Spitze die Aussicht genoss. Laut Legende sollen die beiden bei ihrer aufsehenserregenden Rettung per Hubschrauber alles dafür getan haben, ihre Gesichter zu verbergen – es handelte sich wohl um zwei Schlawiner, die verheiratet waren, aber nicht miteinander.
Emu, Koala, Wallaby, Känguru – Check
Bevor es losgeht in Richtung Inland, nimmt uns Jiri mit auf eine kurze Tour im Tower Hill Wildlife Reserve bei Warrnambool. Der noch deutlich erkennbare Vulkankrater dort ist der letzte Hinweis auf einen Vulkan, der vor 25.000 Jahren das letzte Mal aktiv war. Ich bin begeistert, als der erste Emu über den Parkplatz stolziert und uns genauso neugierig umzirkelt wie wir ihn. Er stempelt uns als „langweilig“ ab und geht bald seiner Wege. Ich stolpere fast über meine Füße, während ich ständig hoch in die Kronen der Eukalyptusbäume schaue, die Heimat der wilden Koalas.
Keiner von uns sieht ihn, doch Jiris Blick ist geschult – ein schon recht betagt wirkender Koala versteckt sich so gut in der Blätterpracht, dass er kaum auszumachen ist. Verschlafen blickt er zu uns herab. „Die Nasen der Koalas sind so individuell wie unser Fingerabdruck“, weiß Jiri. Außerdem seien Koalas große Einzelgänger und ihr Herzschlag beschleunige sich um ein Vielfaches, wenn sie Menschen in der Nähe spürten. Einige von ihnen seien auch von Chlamydia befallen. Ist das nicht eine STD? Mein Traum, mal mit einem Koala zu kuscheln, verpufft. „Bevor ein Koala auf einen Baum klettert, reibt er seine Brust gegen den Baumstamm und hinterlässt somit seine Duftmarke für das andere Geschlecht“, erzählt Jiri. Da immer mehr Habitat der Koalas in Australien zerstört werde, könnten sie bis 2035 ganz ausgestorben sein.
Auch das erste Wallaby, eine kleine Spezies aus der Familie der Kängurus, lässt sich kurz im Dickicht blicken. Dann ein echtes Känguru mit verdammt langen Wimpern. Meine Begeisterung ist groß. Für mich gibt es nichts Schöneres, als ein wildes Tier zum ersten Mal in seinem natürlichen Ambiente zu erspähen. Ich könnte ihnen stundenlang zusehen, wie sie sich bewegen, Futter suchen, auf Artgenossen zugehen. Doch da ich mit einem Haufen Sardinen unterwegs bin, bleibt keine Zeit für voyeuristische Extratouren.
Die Grampians – das Sandsteingebirge Victorias
Wenn man etwa 100 Kilometer von der Küste landeinwärts fährt, stößt man auf den Grampians Nationalpark und seinen Hauptort Halls Gap. Benannt wurde er nach den Grampians Mountains in Schottland, da die Landschaft manch einen wohl an Schottland erinnerte. Ich sehe erstmal wenig Ähnlichkeit in den Felsbrocken, die sich schon am Horizont vom ansonsten flachen, spröden Farmland absetzen. Genau wie die schottischen stehen aber auch die australischen Grampians für eins: Wandern nach Lust und Laune.
2015 wurde der erste Teil des Grampians Peak Trails eröffnet, der auf insgesamt 144 Kilometer ausgebaut werden soll. Natürlich lässt sich davon mit einer Reisegruppe, in der manch einer nur Badelatschen dabeihat und den Begriff Wandern erst im Duden nachschlagen muss, nicht viel bewältigen. Doch auch für die schlappen zwei Kilometer, die dann doch gewandert werden, bin ich dankbar. Es geht hoch zu The Pinnacle Lookout. Durch Felsformationen mit so tiefen Falten, als hätten sie eindeutig zu viel Sonne abbekommen. Was sie wahrscheinlich auch haben. Wie immer, wenn ich draußen in der Natur bin, gesellt sich die Freiheit zu mir. Ich lasse die Gruppe vor oder hinter mir, atme klare Luft, stelle das menschliche Geschnatter ab. Enge Gässchen aus Felsentreppen führen durch Felsbrocken, wer mutig ist, versucht einen Sprung von einer Seite zur anderen.
Und dann! Es ist immer ein einmaliges Erlebnis, oben anzukommen. Egal wo, und egal, wie viele andere dort bereits herumwuseln. Na ja, nicht ganz, aber in diesem Fall übersehe ich die Selfiesticks & Co. Eine kleine Treppe führt wie der Staircase to heaven hoch auf eine Felsspitze, von wo sich die flache Landschaft unter uns räkelt, soweit der Blick reicht. Felsen, Wald, ein See, Felder. Kein Zeichen menschlicher Präsenz in dieser immensen, dem Horizont entgegenrollenden Natur. Ich bin verliebt. Könnte ewig dort stehen bleiben und starren. Weil der Blick gegen nichts prallt, von nichts abfedert.
Doch es geht zurück nach Halls Gap, wo im Brambuk Backpackers in einfachen Zimmern übernachtet wird. Ich traue meinen Augen nicht, als bei Dämmerung ein Känguru nach dem anderen im Park vor dem Hostel hervorhüpft und wenige Meter vor mir grast wie irgendein stinknormaler Hase zu Hause. Und selbst der wäre sicher schüchterner. Völlig ungestört von der menschlichen Nähe hauen die Tiere rein, bis sie irgendwann mit dicken Bäuchen davon hoppen. „Wenn ihr lang genug hierbleibt, kommen euch Kängurus irgendwann aus den Ohren raus“, schwört Jiri. Dazu kommt es bei mir zum Glück nicht, doch auf dem „Barbie“ – Australisch für BBQ – landet an diesem Abend auch so manches Känguru zwischen den Scheiben des Burgers. Schmeckt nicht schlecht, ein bisschen wie Rind.
Dann sitzen wir stundenlang ums Feuer. Die Gruppe wird dank viel Bier und Wein endlich zur Einheit. Die Chinesinnen kichern und plaudern in flüssigem Englisch, bis sie in die leeren Flaschen schauen und ins Bett gehen. Der charismatische Brite mit Wurzeln in Hong Kong erzählt mir die Tragödie seiner großen Liebe und ist in Wirklichkeit plan- und hoffnungslos in der Welt unterwegs. Der Chilene teilt seine Philosophie über ein erfülltes Leben. Jiri sieht mit gerunzelter Stirn von einem zum anderen. Zwischendurch Panik – es kommt kein Wasser mehr aus dem Wasserhahn! Oder aus der Klospülung. Ach du Schreck! Über uns stehen Millionen von Sternen, das Feuer zischt, mir wird langsam warm um die Füße. Und ums Herz. Victoria ist wirklich kein schlechter „place to be“.
Die Anreise nach Melbourne wurde freundlicherweise von Tourism Australia unterstützt.
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